Olena Zinenko und Olga Larina, Mitglieder der Programmkerngruppe Frieden für die Ukraine


«Frauen sind Expertinnen für das Leben – Bildung, Gesundheit, Kultur und so weiter – und beim Frieden geht es um das Leben. Es ist unsere Aufgabe, Forderungen für das Leben zu stellen»


Ausserdem

Die Welt atmete auf…

 als es klar wurde, dass Kamala Harris die Wahlen in den USA gewinnen wird. Ähnlich wie während des Wahlkampfs bei der Stabsübergabe von Biden an Harris kam Freude auf, Energie, Leute gingen auf die Strasse und tanzten, junge Menschen interessierten sich wieder für Politik, ja, die Welt atmete auf, eine Prüfung schien abgewendet...

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Aktueller Monatsbrief

Ach Victor Orban

 

Ich war gerade in die Schule gekommen und habe so schlecht und recht stricken gelernt. Da wurden wir Kinder von der Mutter und der Lehrerin angehalten, aus Wollresten kleine viereckige Plätzchen zu stricken. Sie nähten sie dann zusammen und das ergab eine Wolldecke für die Ungarnflüchtlinge in den Auffangzentren. Ich habe nur verstanden, dass das arme Menschen sind, die fliehen mussten vor Panzer und Soldaten. Meine Mutter steckte da und dort noch eine in Folie verpackt Schokolade dazwischen- für die Kinder, sagte sie.

 

Später lernte ich bei meinen Schwiegereltern ungarische Flüchtlinge kennen, die sie damals aufgenommen und unterstützt haben und die nun ein Auskommen in der Schweiz gefunden haben und auch Schweizer geworden sind.

 

Die Klammer, die ich schon als Mädchen begriffen hatte, war und blieb: Solidarität. Das ist ein Wort, das Sie, Herr Orban, wohl nicht kennen. Für Sie heisst es: nehmen, nehmen, profitieren, profitieren und schauen, wo man als einzigartig herauskommt. Ich bin einigen Menschen wie Ihnen begegnet, auch wenn Sie ein sehr besonderes Exemplar sind. Es gibt diese Menschen, vorwiegend Männer aber nicht nur, die ertragen es einfach nicht, einer unter andern zu sein, mal nachzugeben, mal mitzumachen, wenn es andern mehr dient als einen selbst. Dann treten sie aus der Reihe und melden sich als Opposit und starken Mann bei den Medien:

 

Ich bin gegen jede Hilfe an die Ukraine

Ich bin Marine Le Pen

Ich besuche als EU Ratsvorsitzender Herrn Putin

Ich unterschreibe keinen Migrationspakt

Ich empfange meinen Freund Netanjahu und klopfe ihm auf die Schulter

Ich trete, auch ihm zu liebe, aber auch zu meiner eigenen Hautrettung aus dem Internationalen Strafgerichtshof aus

 

Aber ja,

ich nehme gern den freien Zugang zum EU-Markt in Anspruch

ich nehme gern die Kohäsionsgelder (an die auch die Schweiz bezahlt)

ich bin gern auf dem Foto der Grossen dieser Welt und gern gleich auf allen – ohne Verpflichtung.

 

Was ist denn mit den Ungarinnen und Ungarn, den ganz gewöhnlichen Menschen, die – so habe ich gelesen – oft keinen Job haben, eine winzige Rente zum Teil, deren Frauen sehr häufig in den Westen, auch nach Zürich kommen, um auf dem Strich das Schulgeld für ihre Kinder, das Pflegegeld für ihre Eltern zu verdienen, illegal natürlich mit allen Risiken? Eine Kollegin fährt zwei Mal im Jahr nach Ungarn und bringt ihrer alten Tante Lebensmittel. Vor Weihnachten zeigte diese ihr ein Carepaket, das direkt von Ihnen, ja von Viktor Orban, kam. Leider waren die darin enthaltenen Lebensmittel schon längst abgelaufen, zwei Pakete Mehl waren schon „lebendig“.

 

Herr Orban, Staatsverantwortung geht anders. Auf dem Weg zur Autokratie haben Sie zu viel vergessen, auch aus Ihrer Geschichte. Sie machen Schritt für Schritt einen Weg kaputt, für den Hunderte, vor allem junge Menschen, vor mehr als 70 Jahren mit grosser Hoffnung gekämpft haben: Sie wollten nämlich eine freie demokratische Zukunft. Sie sind in ihrem Kampf zum Teil zu Tode gekommen. Aber Sie, Victor Orban tun jetzt, was Autokraten immer tun: die Presse wird beschnitten, die Schulen homogenisiert, inklusiv die Geschichte in den Schulbüchern umgeschrieben, die Justiz reformiert, um sie mundtot zu machen, die Pride Parade verboten…

Dafür flirten Sie mit Alice Weidel und Herbert Kickel und anderen ähnlich Gesinnten. Gleich Gesinnten schreibe ich nicht; Sie wissen ja, gut ist immer nur, was dem eigenen Ego dient. Das müssen Sie wissen, gerade auch mit diesen „Freunden“.

 

Nächstes Jahr sind Wahlen und Sie wollen unbedingt wiedergewählt werden, also machen Sie Konzessionen nach noch weiter rechts. Haben Sie nicht Angst, dass dort, ganz, ganz ultra ultra rechts mal einfach der Abgrund ist, Ihr bodenloser Absturz?

 

 

Ach, Victor Orban, wie gern würde ich nach bald 70 Jahren noch genauso solidarisch sein mit den Ungarinnen und Ungarn, würde – wenn es denn unbedingt sein muss – sogar nochmals zu den Stricknadeln greifen… Sie lachen mich aus, in Ihren Augen Altweibergeschwätz, klar.

 

Nur noch eines: es kann sein, dass wir in den nächsten Jahren wieder lernen müssen Wörter zu buchstabieren, alte aber immer gültige, auch wenn diese für Sie Fremdwörter sind: Solidarität, könnte eines davon sein.

 

 

 

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