Den Podcast pur gibt’s hier und überall dort, wo Podcasts angeboten werden:
https://www.kath.ch/laut-und-leis/ukraine-konferenz-auf-dem-burgenstock-wie-ist-frieden-moglich/
Es ist zu schaffen, Guten Tag Geschichten
In den Guten Tag Geschichten erzählt Monika stocker von Menschen die viele Schicksale erlebten. Die Autorin begleitet diese Menschen ein Stück auf deren Lebensweg und vermittelt den Leserinnen und Leser die hoffnungsvolle Botschaft:
Es ist zu schaffen. Diese "Guten Tag Geschichten" faszinieren.
2022/ ISBN 978-3-033-09394-2
25.00 CHF
Aldo verlässt China und will sich in seiner Heimat ein neues Leben aufbauen. Seine Heimfirma verstand überhaupt nicht, dass er gebeten hat, wieder nach Europa zurückzukehren. Aldo bat den HR-Chef um einen baldigen Nachfolger und um zwei drei Optionen, wie für ihn die Karriere in Europa weitergehen könnte. …….
In China nimmt er Abschied von verschiedenen Menschen, die ihm nahestanden. Besonders schwer fällt ihm der Abschied von Lucy, in die er sich verliebt hatte. …….
In der Heimat wohnt er bei seiner Mutter in seinem früheren Kinderzimmer. Bei der Mutter wurde ein seltener Tumor diagnostiziert. Aldo überzeugte seine Mutter mit ihm nach London zu fliegen. Sie soll sich dort einer speziellen Behandlung unterziehen. …….
Die Kündigung war der konsequente Schritt. So konnte er sich in Ruhe neu orientieren und was ihm noch wichtiger schien, seine Mutter nach London begleiten. …….
Sein Leben läuft an ihm vorbei wie ein Film. Seine Familie von einst, seine eigene, die sich aufgelöst hat, die Kinder im Ausland – Sie wollen, dass er dann – wann dann? – für eine Weile zu ihnen kommt, seine Exfrau mit neuer Familie, er mit ein paar Freunden, der Freundin, den Berufskollegen, dem Erfolg – welchem denn? Und Ende, aus? …….
Ursula hat gelernt zu funktionieren. Sie ist müde geworden empfindet sich als alte Frau. Sie erinnert sich an die Begegnung mit Ana auf der kürzlich erlebten Reise. Ursula ruft Ana an. Bei dem Wiedersehen träumen sie von einer gemeinsamen Zukunft an einem neuen Lebensort. Schliesslich sagt Ursula: ich gehe nach Hause und kündige meine Stelle. Ana lächelt und nimmt Ursula in den Arm: ja, komm, wir sind frei. …….
Die Veranstaltung war nett, mehr nicht. Bea meldete sich zu Wort: «Und wenn alles ganz anders wäre? Wenn wir den gewohnten Weg, der unmissverständlich zu weniger Gerechtigkeit führt, verlassen würden? Einfach so». Sie kam ins Feuer und erzählte zwei einleuchtende Beispiele, die zu grossem Gewinn geführt haben, aber nicht für die immer gleichen, sondern für jene, die tatsächlich die Arbeit machen. Und darunter waren sage und schreibe auch viele Frauen …..
Die Augenbrauen des Moderators schoben sich bis zum Haaransatz, die Referenten von vorhin griffen demonstrativ zu Bleistift und Papier als wollten sie gleich vorrechnen, wie idiotisch ein solcher Gedanke ist …..
Er war nervös. Natürlich war er nervös. Er hatte zwar alles minutiös geplant und wusste, sein Plan war gut. Und allein war er ja auch nicht. Der Plan war mit jenen drüben abgesprochen und todsicher. Und dennoch: Ben war nervös. Seit seinem letzten Gefängnisaufenthalt hatte er versucht, ein anderer zu werden. Ben schob diese Emotionen zur Seite. Er konnte das noch ganz gut …..
Doch dieses Mal, nur noch dieses Mal durfte das nicht passieren. Betete er jetzt tatsächlich zu einem Gott? Oder zum Schutzengel, von dem seine Grossmutter immer geredet hat, der ganz sicher bei ihm sei? Ach ja, die Grossmutter. Zum Glück hat sie nicht mehr erlebt, dass ein Ganove aus ihrem geliebten Ben geworden ist …..
Sie wollen nicht mehr fliegen. Da ist nicht nur der Klimaschutz, nein, da ist auch eine Müdigkeit, die sich aufhäuft. Je mehr ihre Freundinnen und Freunde von Reisen und Orten erzählen, von Inseln und Abenteuern, desto müder werden sie. Warum nur? …….
Jetzt war Ella alt und auch da gab es Normen: was alte Frauen heute noch tun können und sollen und tatsächlich auch tun. Sie sind aktiv und nicht müde, mindestens nicht so müde, wie Ella sich fühlt. Ein Paradox. Und niemand würde es ihr glauben, denn sie konnte beides, hatte es in den Jahrzehnten ihres Lebens gelernt. …….
Elvira schaut auf ein erfolgreiches Leben zurück. Sie heiratete, bekam Kinder und konnte ihre berufliche Karriere aufbauen. …….
Elvira ist unterwegs, für einmal allein. Sie war unruhig in den letzten Tagen, missmutig auch und das ohne objektiven Grund. Sie fürchtete, sie gehe allen auf die Nerven, vielleicht war das ja auch so. …….
Elvira überraschte sich und die andern. Sie meldete sich für ein halbes Jahr an in einem Kloster und zwar nicht einfach so als Feriengast, wie das ja jetzt viele taten. Sondern sie wollte richtig dabei sein, richtig mit leben. …….
Elvira kehrte zurück und war einfach zufrieden. Sie hatte eine Welt kennengelernt und Frauen in so andern Lebenszusammenhängen erfahren, den ihrigen total fremd. Der Spiegel hat die Sicht auf ihr Leben verschärft. …….
Während Jahrzehnten hat er auch Reisen begleitet, politisch-kulturelle in den Nahen Osten. Seine Kontakte, seine Glaubwürdigkeit ermöglichten Wege, die schon längst nicht mehr selbstverständlich waren. Und er glaubte, gewisse Städte wie Jerusalem, Damaskus, Beirut wie seine Westentasche zu kennen. .….
Emil weinte fast jeden Abend, wenn er die Bilder von Syrien sah. Er schämte sich seiner Tränen nicht. Damaskus war eine so wunder-, wunderschöne Stadt, so stolz, so uneinnehmbar, schien es. …….
Er wusste leidlich Bescheid über die Gelenkprobleme und ihre Therapie, er kannte die Hör- und Sehschwächen und was man heute alles tun kann, um sie auszugleichen, er kannte die Herz- und Kreislauferkrankungen des Alters und des Hohen Alters und selbst die kognitiven Beschränkungen konnten heute präventiv angegangen und dann auch sehr lebensverträglich bewältigt werden. Felix ist ein Spezialist in Altersfragen. Sein Wort gilt etwas. …….
Was ihm nun aber passiert ist, das überraschte. Sein Ich war über Nacht gealtert. Er wusste nicht, dass das möglich ist. Niemand redete davon und wenn er es jetzt darüber zu sprechen versuchte, begann man sofort vom Phänomen der Altersdepressionen zu reden, von den verschiedenen Formen, die ja mit der natürlichen Abnahme der Energien verständlich sei. …….
Felix geht am Sonntagmorgen früh in den Wald. Das hatte er schon lange nicht mehr getan. Heute hatte er Lust und er erinnerte sich an jenen andern Sonntagmorgen vor Jahrzehnten, an der er sich «fand» und er merkte, er musste sich damit versöhnen. …….
Gabriele war unendlich dankbar, als der Direktor ihn entliess und ihn bat, sich nie wieder etwas zu Schulden kommen zu lassen. Sicher nicht, war seine ehrliche Antwort. Ich will diesen Mist nie mehr von innen sehen. Und er ging, ging auch in eine andere Stadt. Er wollte sicher sein, dass die Vergangenheit, seine Kollegen und seine Gegner ihn nie mehr einholten. Das ging gut. Er fand einen Job, machte seine Sache recht gut und kam ein bisschen weiter. …….
Dann aber lernte er Dodo kennen. Sie war wunderschön und ihre Beziehung auch. Aber Dodo stellte schon Ansprüche. Sie konnte zwar im Coiffeur Salon leidlich verdienen, gerade auch mit dem Trinkgeld, denn sie war herzlich und fröhlich, hörte zu und gab auch mal einen guten Tipp in Sachen Kosmetik. …….
Gabriele wird per Handy zu einem Gespräch an den Hauptsitz eingeladen, wo er – vertraulich –erfährt, dass in 10 % der Kosmetikflaschen Rauschgift versteckt sei. Wenn er das verrate, sei er ein toter Mann, auch wenn er Dodo nur eine Andeutung mache, sei er weg. Eine knallharte klare Erpressungssituation. Gabriele wird heiss und kalt. Wie kommt er da heil raus? …….
Helena muss sich zurechtfinden. Heute ist Sonntag, schon 9 Uhr. Als sie aufwacht, ist schon früher Nachmittag, ein Espresso ist dringend und sie fühlt sich gut, erholt und munter. Ha, das wäre ja gelacht, wenn sie den Nachmittag nicht geniessen könnte. Duschen, sich zurecht machen und ans Pult sitzen, surfen zum Thema «Sich neu orientieren in der Lebensmitte». …….
Fünfzig, schön, Vieles erlebt, Einiges erreicht, Vieles abgeschlossen und erledigt, und jetzt? Sie ist selbständig, das, was man erfolgreich nennt. Ihr Ex muss nichts mehr bezahlen, ist ja klar, und Kinder haben sie – leider oder zum Glück, das weiss sie bis heute nicht – keine. Auch ihr Freundinnenkreis ist verlässlich, lustig, und trägt. Alles bestens……..
Als sie aufwacht, ist schon früher Nachmittag, ein Espresso ist dringend und sie fühlt sich gut, erholt und munter. Ha, das wäre ja gelacht, wenn sie den Nachmittag nicht geniessen könnte. …….
Ingo ist ein Professor. Er denkt über die Veränderungen der Gesellschaft und die Auswirkungen auf seine berufliche Tätigkeit nach. Bei seinen jetzt halt digital gehaltenen Vorlesungen merkte er ab und zu eine Verunsicherung, die ihm früher nie aufgefallen war. Er lehrte die Marktwirtschaft, die freien Spielregeln (auch wieder ein Paradox), er dozierte von den Kräften, die sich quasi selbstverständlich in die richtige Richtung, nämlich zu niedrigem Preis und hoher Qualität entwickelten. Die Studierenden stellten kaum Fragen. …….
Im nächsten Semester gab es ein vielbeachtetes Kolloquium zum Paper aus dem Materali Seminar. Assistenten und Professorinnen klickten sich ein und die Publikation, die da in gemeinsamer Arbeit entstand, war ein wichtiger Baustein für einen längst fälligen Systemwechsel im universitären ökonomischen Diskurs. Der alte Mentor schreibt das Vorwort zur Publikation, etwas euphorisch schliesst er: «Dass es wirklich so lange gedauert hat, bis wir es begreifen, beschämt mich. Aber ich bin zuversichtlich, jetzt lernen es die Jungen. Die kommende Generation wird klug sein, sicher klüger als wir!» …..
Julie betreut daheim ihren pflegebedürftigen Mann. Sie ist erschöpft und sehnt sich nach Ruhe. …..
Es gab doch Ferienzimmer in den Pflegheimen. Sie könnte mal für einen Monat in ein solches ziehen. Zur Ruhe kommen – eigentlich eine schöne Vorstellung. Julie recherchiert am Nachmittag, während ihrer «Arbeitszeit» am Pult und am Computer, zu der sie sich «zwingt», wie die Bedingungen für die Ferien in Pflegezimmern sind. …..
Schliesslich fasst sie sich ein Herz und fragt per Mail nach, ob und wann etwas frei sei. Schnell kommt die Nachricht, dass ab 15. des Monats ein schönes Zimmer frei werde. Julie meldete sich an. Am Samstagnachmittag, bei dem jetzt schon traditionellen Familien Apéro sagt Julie, dass sie am 15. für einen Monat in ein Ferienzimmer ins Pflegeheim ziehe, damit sich alle erholen können. Sie hatte sich auf Proteste vorbereitet, aber es war eigentlich ein Aufatmen bei allen. Gut so. In dieser Zeit wird ihr Mann zusammen mit einem Freund in die Berge fahren. Beide erholen sich in ihrer Umgebung. …..
Sie realisierten und konnten ansprechen: «Wir brauchen einander, aber anders als wir meinten. Es ist gut so, das Schöne zu teilen und das Mühsame zu delegieren. Finanziell ist es ein Privileg, wenn wir uns das leisten können». Julie fühlt sich frei und wohl versorgt. Er auch. …..
Kevin war verzweifelt. Aber wie zeigt man Verzweiflung, wenn man im Bett liegt, noch fixiert und mit Medis ruhiggestellt. Schreien, ja das könnte er. Aber dann kämen wieder alle, die Ärzte, die Pfleger und Pflegerinnen und das Fazit wäre: der Psychiater schreibt ein neues Rezept, eine neue Dosis. So fluchte er still, tobte im Innern, bekam Magenkrämpfe und sein Herz schlug wie ein Heer von Buschtrommeln. Ein Herzschlag wäre eigentlich eine gute Lösung. …..
Als Angela vom Unfall hörte, war sie seltsamerweise nicht überrascht, nur zerstört; sie sah eine dunkle Wand ohne Durchgang. Irgendwie war sie vorbereitet darauf, dass es geschieht, aber nicht, wie man damit klarkommt. …..
Es war kaum mehr auszuhalten. Ja, sie war die Briefkastentante, wie ihre Freundinnen sie neckten und einiges gewohnt. Aber was jetzt, seit Ausbruch der Pandemie, da täglich anrollte als Leserbriefe, Mails, SMS, schlicht auf allen Kanälen, war einfach zum K… Lydia musste sich zwingen, cool zu bleiben und einfach wie bisher ihre Arbeit zu tun: auswählen, kürzen, ablehnen, löschen und täglich eine halbe Seite publizieren. …..
Was Lydia so verstört, ist die Besserwisserei. Da passiert weltweit etwas, zu dem wir noch keine aktuellen Erfahrungen haben und schon gibt es eine Reihe selbsternannter Fachleute, ja Päpste, natürlich unfehlbare, die sich äussern, reden, schreiben, interviewen lassen, posten und reden und nochmals reden. …..
Lydia ist froh, dass sie in ihrem Fachbereich überhaupt bezahlte Arbeit hat. Da darf sie nicht heikel sein. …..
Schliesslich haben sie gegen den Rat aller Freunde und aller Familienmitglieder das Grundstück gekauft und einen alternativen Betrieb aufgebaut mit der aussterbenden Schafrasse, den «krummen» Ziegen, wie sie sie nannten und den wenigen Kühen, die das Minimum an Bargeld brachten. Natürlich hatte Lukas Agronomie studiert. …..
Sie wagten es. Nun fast 40 Jahre später ist sie Witwe, Lukas musste – zu früh – gehen. …..
Magdalena würde nicht mehr oft hier sitzen, vielleicht nie mehr. Sie hatte sich entschieden. Sie wollte der jungen Familie nicht im Wege stehen, auch wenn sie ihr immer wieder beteuerten, sie sei herzlich willkommen und habe Platz. …..
Erschöpft und erleichtert setzte sie sich auf den Platz mit ihrer Reservationsnummer. Gut hatte sie vorgesorgt. Der Eurocity war sehr stark frequentiert und sie hatte einen Einzelsitz. Eine Nachbarin mit Redebedarf würde sie jetzt überhaupt nicht ertragen. Sie war erledigt, ausgelaugt und ja irgendwie auch deprimiert. Was nur hatte also dieser Kongress gebracht? Keine der ernsthaften Thesen wurden debattiert und für die Weiterarbeit ernsthaft geplant; stattdessen produzierten sich so Jungstars mit kecken Antithesen, die Lacher generierten und mehr nicht. Als sich der Zug in Bewegung setzt, dämmerte sie in einem leichten Schlaf und vergass ihre zornigen Gefühle. …..
Sie blieb aber noch in der Kongressstadt, weil sie offenbar eine alte Liebe dort treffen wollte. …..
Ausgerechnet Tokio. Sie konnte es nicht verstehen. …..
Und jetzt kommt die Einladung. Sie wollen heiraten und zwar in Tokio, und das in fremden Ritus und mit der grossen Verwandtschaft der Frau. Sie aber, so meint Rolf, müsse unbedingt kommen, er bestehe darauf. Sie will es ja auch. …….
Zu Hause hat sie Zeit, die Reise noch mehrmals in Gedanken zu durchleben und sich bewusst zu machen, was wirklich passiert ist. Sie hat ihren Sohn wohl definitiv verabschiedet, aber sie hat, wenn auch zögerlich, eine «Tochter» bekommen. ……
Maria lernt Skype, lernt SMS verschicken und kann so ein Stück weit am Leben in der Ferne teilnehmen. Einsam kann man überall auf der Welt sein, verbunden auch. ……
Schon wieder hat der Zug Verspätung, mindestens sieben Minuten. Es ist zum Verrücktwerden. Das bringt seinen Tagesplan durcheinander. Genau diese Minuten hat er doch vor dem Meeting noch gebraucht, um den einen Gedanken noch hinzuzufügen. Morgens um vier ist die Idee gekommen. …..
Im grossen Gebäudekomplex wartet er sicher nicht auf den Aufzug. Er rennt immer zwei Stufen nehmend das Treppenhaus hoch, eigentlich gedacht für den Brandfall. …..
Max präsentiert die Arbeiten und die Verantwortlichkeiten für die kommende Woche. Montag bis Freitag, beim Meeting am nächsten Freitag wird überprüft. Auch darauf kommt weder ein Einverständnis noch ein Widerspruch, einfach nichts. So ist es immer. Max nervt sich an diesen langweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. …..
Die Sekretärin findet ihn zusammengebrochen halb auf dem Stuhl, halb auf dem Boden. Sie ruft um Hilfe. Der betriebseigene Sanitäter ist sich klar, die Herznotfall Station, wenige Minuten später wird Max erstversorgt in die Intensivstation gefahren. ……
Er ist so wütend. Er kennt die Strategien aus der Aggressions-Hemmungsrunden noch. Als Schüler war er schon immer wütend, wusste nicht wohin mit seinem Zorn, seiner Kraft. Da gab es so Training und man lernte, bis zehn zu zählen, einen kalten Brausestrom auf die Handgelenke zu sprühen, bis hin zum Waldlauf, Bäume umarmen als wollte man sie ausreissen. …..
Seine Frau ging weg, du bist zu aggressiv und im Übrigen, nie da. Seine Buben leben bei der Frau, natürlich, Väter sind so wenig präsent, das Haus wurde der Familie überlassen, finanziell das einzig mögliche, so hoch war sein Verdienst jetzt auch nicht. …..
Dann sieht er die Frau an der anderen Ecke der Bar stehen. Sie bestellt einen Gin Tonic. Er spürt, so oft macht sie das nicht. Sie trinkt ihn in einem Schluck aus und bestellt gleich noch einen. Das sieht nicht gut aus. Diese Frau wird nicht lange durchhalten. …..
Michael gibt Sabina seine Karte. «Bitte, Sie können mich jederzeit anrufen. Und morgen um 9:30 Uhr komme ich hierher und lade Sie zum Frühstück ein». Er sagte das autoritär und irgendwie zornig. Sie nickt und geht. …..
Michael geht wieder an den Waldrand, erschöpft zwar, aber wütend. Michael spürt die Wut schwinden, sie rumort zwar weiterhin aber sie fährt zurück. …..
Pido ist mit seinem kleinen Bruder auf der Flucht. Sie fliehen vor Krieg und Gewalt. Sie glaubten in Europa sicher zu sein, aber das war falsch. Pido sorgte sich um seinen kleinen Bruder, dem es nicht so gut geht. …..
Nach einem Einkauf sah er einen Bauer der sich an einem steilen Hang abmühte. Pido bot ihm seine Hilfe an, die der Bauer nach einigem Zögern doch annahm. Der Bauer lud Pido und seinen Bruder in das Haus zum Essen und Übernachten ein, was die Brüder gern annahmen. …..
Der Bauer gab Pido einen 100 Euroschein. Pido war überglücklich ob all der Gastfreundschaft, über den Lohn, die sauberen ganzen Kleider und mit der rechten Hand auf dem Herzen sagte er in seiner Sprache den Segensspruch, der bei ihnen zu Hause das höchste war, das man andern geben konnte. Das Haus möge bleiben, die Güte auch und das ewig. Und die Frau sagte: «behüt euch Gott». Das war genug Verständigung. …..
Es war wie immer. Er stand am Strassenrand und wartete auf den Bus. Er wusste ja, dass es keine Pünktlichkeit gibt in diesem Land. Er hatte zwar genügend Zeit eingeplant für die Reise zum kleinen Flughafen und dann zwei Tage, um von dort wegzukommen in die Hauptstadt. …..
Aber jetzt hat ihn eine Unruhe gepackt. Er war gut sechzig und er wusste, wenn ich es jetzt nicht mache, dann werde ich es nicht mehr tun. Der Körper hat seine Kraft verloren, immer wieder das Fieber, da helfen die Medikamente, die er ja aussergewöhnlicher Weise bekommt, nicht mehr gut. Er ist geschwächt und seine Seele, die ist unendlich müde und ja auch resigniert. …..
Rafaele träumt nach den vielen Schnapsgläsern von Rom, dort ist er im Vatikan und sagt dem Papst und den andern klipp und klar die Meinung und… Er erwacht, es ist noch nicht Spätsommer. …..
«Mehr, schneller, gib mehr, noch mehr, was ist auch los heute, mehr, mehr…» Sie berührte den Beckenrand und hörte die Worte wie Peitschenhiebe: «Das war gar nichts. Was ist denn los, du hast doch deine Tage nicht. So geht es nicht». Dabei hatte Rebekka alles gegeben, aber alles war wie immer nichts. John kreischte, sein Ton, seine Stimme, seine Verachtung. …..
Rebekka blieb stehen, packte seine Hand und schüttelte sie weg: «Ich mache Schluss für heute, mich anfassen und schütteln, das geht gar nicht mehr, verstanden!» Rebekka zog sich an und ging nach Hause. Sie schlief sofort ein und kein Handyklingeln, keine SMS und nichts holten sie für Stunden in die Wirklichkeit zurück. Sie war bei sich, in ihrer Welt. …..
Sie holte den Brief hervor, setzte sich an den Computer und schrieb, dass sie am 14. des kommenden Monats im Trainingslager eintreten werde und alles gebe, damit eine Kandidatur für die Olympiade drin liege. Sie sei motiviert und freue sich auf kompetente Trainer und auf ihre Kolleginnen. Sie setzte John ins cc, schickte das Mail ab. …..
Renate müsste eigentlich resignieren. Sie war alt. Die Gelenke schmerzen und die Diagnose lautet eindeutig: es wird nicht besser werden, man kann das Verschlimmern stoppen mit Medikamenten und mit Bewegung, aber gerade die geht ja nicht mehr. Also: sie wusste es, sie war ja Fachfrau: der Teufelskreis des Alters hatte sie eingeholt und deshalb ist jetzt Bilanz zu ziehen. Sie hatte ein reiches erfülltes Leben. …..
Mit der sehr vernünftigen und empathischen Ärztin machte sie den Plan: sie zieht in eine rollstuhlgerechte Wohnung. …..
Er ist sauer, ab und zu auch zornig, stinkig, schimpft beim Zeitungslesen, schüttelt den Kopf bei der Tagesschau und beim ewig gleich aufgestellten Polittheater am Sonntagabend könnte er in den TV springen. Er ist also auf dem besten Weg einer jener alten Männer zu werden, wie er nie hatte werden wollen, brummig, unsympathisch und ärgerlich. Oder was? …..
Und dann der Besuch beim Arzt. «Übergewicht verkürzt ihr Leben, Sport verlängert ihr Leben, aber sonst… sind Sie ganz gut dran – für Ihr Alter». Die letzten drei Worte werden zum Mantra. Man kann sie ab sofort praktisch jedem Satz anfügen. …..
Gesunde Ernährung, Ballaststoffe, kein Alkohol, nur grün oder nur weiss oder was oder wie? Er kann wählen, darf wählen, er darf auch ungesund essen und er darf sein Glas Wein geniessen. Wenn die Jungen doch nur wüssten, wie schön es ist zu geniessen, was er täglich tut, zu viel für sein Alter. ….
Roman liebt sein Leben, zu sehr, für sein Alter? Ein zu sehr gibt es nicht in seinem Alter. …..
Sie erinnern sich schon an jene Stunden in der WG, wo sie träumten von dem, was dann irgendeinmal alles möglich sein würde. Das Reisen in fremde Welten, der Aufenthalt am Meer, die Wanderungen über die hohen Berge, das Erforschen exotischer Städte…
Ihre beruflichen Realitäten erfüllten sie. Der Lohn reichte gut, doch aus den Reiseplänen wurde nichts, nicht viel jedenfalls. Ferien in den Bergen, das schon und das war wundervoll. Aber die ganz grosse Welt blieb aussen vor, erst recht als die Kinder geboren wurden, Arbeit und Betreuung aufgeteilt und das Geld auf vier Personen verteilt werden musste. …..
Nun waren Ruth und Peter alt geworden. Ausser zwei drei kleineren Reisen in Europa und einmal nach Israel war die Welt von ihnen nicht bereist worden. Es blieb beim Traumbuch. …..
Die Reise in den hohen Norden war wunderschön. Die Erfahrung der nicht untergehenden Sonne wurde zur Erfahrung, die genau diese mystische Dimension erleben liess, die sich Ruth gewünscht hat. Auch Peter war so beeindruckt, dass er meinte, ich komme wieder. …..
In der Silvesternacht meinte Ruth: mir reicht es, in diesem Jahr fahren wir nur noch ans Ende der Welt. Und: wo ist das? Überall Das tut nichts zur Sache, hier. …..
Es war zu viel. Sie hatte es so satt. Immer die Gastgeberin spielen, der nichts zu viel ist, die ihrem Mann, ihrem Haus, der ganzen Gesellschaft so wohl anstand. Sie war immer gut gekleidet, perfekt frisiert, führte Buch, wem sie was vorgesetzt hatte, damit kaum je einem Gast zwei Mal dasselbe Menu bei ihr zu essen bekam. Sie war einfach perfekt. …..
Sophia hatte mal nachgezählt, 52 Einladungen waren es im vergangenen Jahr gewesen, die sie und Peter zelebriert hatten. Das war also eine pro Woche. …..
Einige der Frauen am Tisch waren in Charitiy Organisationen involviert, die eine oder andere arbeitete auch «richtig», wie sie manchmal kritisch bemerkte und die Männer arbeiteten zum Teil hart. Wirklich? …..
Sie hatte damals, verletzt von der Scheidung, alles gern geglaubt und sich ausruhen wollen und es auch können. Sie hatte genug Geld, musste sich keinen neuen Job suchen, sie war Peters Frau geworden und das reichte. Was wollte sie noch mehr? …..
Sophia wollte mehr. …..
Susanne ist eine alleinstehende erfolgreiche Geschäftsfrau. Sie dachte wie schon so oft: es ist gut keine Kinder zu haben. Ich würde das nicht schaffen. Und doch: Kinder wären schon wunderbar. Aber dazu braucht man einen Mann und das steht zurzeit nicht auf dem Programm. …..
Susanne blickte über die Dächer und fragte sich: was ist denn wirklich wichtig? Wenn sie allein war, kamen die Antworten zögerlicher als wenn sie mit der Freundin zusammen Wein tranken. So ein Sonntagmorgen allein kann schon auch Fragen aufwerfen. Wo und wie wird sie in fünf, in zehn Jahren leben? Was wird sie arbeiten? …..
Am Abend ist es klar. Susanne meldet sich für den Einführungskurs beim IKRK an. Es ist Zeit, der richtige Zeitpunkt. Ein halbes Jahr später wird es verbindlich. Sie wird nach Nordafrika fliegen. …..
Abschied und Neubeginn in jeder Freundschaft eine Klippe und eine Sicherung. …..
Heute musste er es ihr sagen. Alles andere wäre unfair. Aber schon der Gedanke daran, machte Tom das Herz schwer. Mia würde ihm das nicht glauben, nicht glauben wollen. Aber es würde das Ende ihrer Beziehung sein. …..
Tom machte Karriere, sofern das in einer Bewegung so genannt werden kann. Er war beliebt, weil er anständig war, kein Rüpel, er wusste sehr viel und war doch nicht der Besserwisser. Er konnte reden aber auch zuhören. …..
Mia und Tom nahmen zwar das alles wahr, aber ihre Gefühle für und ihre Sicherheit um einander machte sie unangreifbar. Bis zu jenem Weekend, zu dem Tom die Strategieleute eingeladen hatte. Er freute sich, dass Mia mitkommen wollte. …..
Sie trafen sich wie so oft in der Pizzeria und genossen das Zusammensein. Dann nahm Tom ihre Hand: ich gehe weg. Ich kann nicht einfach an die ETH, studieren und so tun, als sei die Welt in Ordnung. …..
Mia ist konsterniert. Als sie protestieren will, merkt sie, wie falsch das wäre. Sie nickt und meint: ich möchte, ich könnte so klarsehen. Ich beneide dich. …..
Tomaso ist Pfarrer geworden. Er hatte eigentlich kaum eine Wahl. Entweder Lehrer, Pfarrer oder nichts, resp. Hilf Jobs anzunehmen. Lehrer und dann auch der damalige Pfarrer aber sprachen auf ihn ein. …..
Er wurde also Pfarrer und auch wenn es andere Optionen gegeben hat, mal da mal dort zu wirken, am Ende ist er in die Agglo zurückgekehrt und will hierbleiben. Aber es ist schon trostlos. …..
Tomaso hat schlecht geschlafen. Er erwachte mit Kopfschmerzen und einem Druck auf dem Magen. Dabei war heute nicht einmal eine Beerdigung angesagt. Also gab es keinen Grund für dieses miese Gefühl. ....
Starker Espresso könnte wie immer helfen, durchatmen am offenen Fenster, auch wenn die Luft nicht wirklich gut ist. Er ging mal noch kurz in die Kirche. Seine Kirche – wie das nur schon tönt. Er steht auf und geht auf die Empore hinauf. Dort findet er sie. Zwei junge Männer in eine dünne Decke gehüllt, die ihn erschrocken anschauen. …..
Tomaso fragt: «Möchtet Ihr Kaffee? Kommt mit in meine Wohnung». Die beiden starren ihn an, wie wenn er ein Messer gezückt hätte. Alles haben sie erwartet, eine Einladung sicher nicht. Sie nicken, stehen auf, legen ihre Decke zusammen und packen ihre kleinen Rucksäcke und folgen ihm. Das wird heute ein neues Kapitel bringen, Tomaso ist ruhig. …..
Er würde heute nicht wie üblich nach Hause gehen. Man sollte ihm nicht nachsagen können, er sei ohne Phantasie, und zwanghaft schon gar nicht. Er setzte sich ins Tram und fuhr zur Endstation und schon war er im Grünen. …..
Er flüchtet vor der Normalität, seiner Normalität, die die andern für eine Katastrophe hielten. Immer nur Arbeit, keine Familie, kaum Freunde, viel Geld, das war schon mal etwas, Bekanntschaften, gewisse Beziehungen konnte man ja auch kaufen. …..
Er hatte noch nie eine Frau im Arm gehabt. Warum kam ihm das gerade jetzt in den Sinn? Er wusste nicht, was er mit ihr hätte machen sollen und auch nicht, wie es dazu hätte kommen sollen. …..
So, Walter, sagte er zu sich selbst: was soll der Scheiss? Was willst du denn? Und er stutzte. Vielleicht war das die Frage: vielleicht gar nicht so sehr, was will ich nicht, sondern was will ich eigentlich. Ein neuer Gedanke. …..